Die Pitcairn-Inseln sind eine der letzten britischen Überseekolonien. Sie liegen mitten im Pazifik, 5000 Kilometer von Neuseeland, 5400 Kilometer von Südamerika entfernt. Trotz vieler Ansiedelungsbemühungen wohnen auf der Hauptinsel Pitcairn heute nur noch 50 Menschen – die direkten Nachkommen der Meuterer von der HMS Bounty. Was nun dieses isolierte Eiland im Pazifik so besonders macht, ist, dass es weltweit zuerst ein nachhaltiges Frauenwahlrecht eingeführt hat – und zwar im Jahr 1838. In Deutschland sollte es 80 Jahre länger dauern und zwar bis zum November 1918, bevor Frauen an die Wahlurne durften.

Von den ersten Forderungen nach dem Wahlrecht bis zum Internationalen Frauentag

Olympe de Gouges, französische Frauenrechtlerin und Autorin, wurde 1748 in Montauban geboren. Zwangsverheiratet wird sie mit 17, ihren Sohn Pierre bekommt sie mit 18. Kurz darauf stirbt ihr Ehemann und de Gouge zieht nach Paris. Die Französische Revolution macht sie zur Frauenrechtlerin und 1791 schreibt sie ihre „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“:  „Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen. Gleichermaßen muss ihr das Recht zugestanden werden, eine Rednertribüne zu besteigen.“ Olympe de Gouges fordert die volle rechtliche, soziale und politische Gleichstellung der Frau und bezeichnet das neue französische Regime als Tyrannei.  Im Sommer 1793 wird sie verhaftet und im November desselben Jahres hingerichtet.

Etwa vierzig Jahre später wird in Großbritannien die erste Petition für das Frauenwahlrecht eingereicht, während in Deutschland die Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Hedwig Dohm das Wahlrecht 1876 in ihrer Schrift „Der Frauen Natur und Recht. Zur Frauenfrage“ als eine der ersten fordert.

Diese frühen Stimmen verhallen zum Großteil ungehört. Erst zum Ende des 19. Jahrhunderts formieren sich in Nordamerika und Europa die ersten Frauenbewegungen und kulminieren im Jahr 1911 im ersten Internationalen Frauentag. Über eine Million Frauen demonstrieren in diesem Jahr in Europa und den USA für ihre Rechte, speziell für ihr Wahlrecht.

Die Idee zu einem Internationalen Frauentag stammte ursprünglich aus den USA. Er wurde von der internationalen sozialistischen Frauenkonferenz, geleitet von Clara Zetkin, aufgenommen und im Jahr 1910 in Kopenhagen von über 100 Delegierten aus 17 europäischen Ländern und den USA beschlossen:

Im Einvernehmen mit den klassenbewussten politischen und gewerkschaftlichen Organisationen des Proletariats in ihrem Lande veranstalten die sozialistischen Frauen aller Länder jedes Jahr einen Frauentag, der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dient. Die Forderung muss im Zusammenhang mit der ganzen Frauenfrage der sozialistischen Auffassung gemäß beleuchtet werden. Der Frauentag muss einen internationalen Charakter tragen und ist sorgfältig vorzubereiten.
LEMO

Als Datum wurde in Deutschland der 19. März gewählt, in Erinnerung an die revolutionären Märztage 1848 und den Anfang der Pariser Kommune 1871. Clara Zetkin, geboren 1857 in Wiederau/Sachsen, die schon ab 1874 Kontakte zur Frauen- und Arbeiterbewegung in Leipzig hatte, druckte für den dritten Internationalen Frauentag im März 1913 eine Sondernummer der von ihr herausgegebenen Zeitung „Die Gleichheit“ zum Thema „Frauenwahlrecht“, in der sie schreibt:

„Mehr als hundert Jahre sind verflossen, seit in dem Frankreich der großen Revolution Frauen ihre Hände schwesterlich ineinandergelegt haben. Die Vereinigung sollte ihre Stärke sein. Und deren bedurften sie, die einzeln zu schwach waren. Wollten sie nicht eine neue gesellschaftliche Welt schaffen helfen, die eben in schweren Kämpfen aus einem Chaos von Gegensätzen der Interessen und Meinungen zwischen den Menschen emporzusteigen begann?

Diese Welt war noch unfertig, so meinten die Frauen, aber sie konnte vollkommen werden, ja sie mußte vollkommen werden, wenn nur ihr wahres Wesen zum Durchbruch kam. Und das lag unverletzlich, unzerbrechlich in der Natur der Menschen selbst beschlossen: es war das mit ihnen geborene Recht auf Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Vernunft und Gerechtigkeit erhoben es zum obersten Gesetz, das die Beziehungen der Menschen untereinander, also die gesellschaftlichen Einrichtungen regieren mußte.“

Am ersten Internationalen Frauentag am 19. März 1911 demonstrieren in Berlin 45.000 Frauen für ihr Wahlrecht. Die Organisation des Tages wurde vor allem von der SPD und den Gewerkschaften getragen, welche dann auch von diesem Tag profitierten: Die Anzahl weiblicher SPD-Mitglieder stieg von ca. 82.000 auf über 107.000 an.

12. November 1918

Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs war das Ziel des Internationalen Frauentags erreicht: Am 12. November 1918 verkündet der Rat der Volksbeauftragten das allgemeine gleiche, geheime und direkte Wahlrecht für Männer wie Frauen ab 21 Jahre. Im selben Jahr wird Frauen auch in Österreich, Polen und Russland das uneingeschränkte Wahlrecht eingeräumt. Im Januar 1919 geben 82 Prozent der wahlberechtigten Frauen zum ersten Mal ihre Stimme ab, 37 weibliche Abgeordnete ziehen ins Parlament ein.

Die Sozialdemokratin Marie Juchacz aus Berlin spricht am 19. Februar 1919 als erste Frau in der Weimarer Nationalversammlung:

Ich möchte hier feststellen…, dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.
Marie Juchacz

Zur Zeit können fast 200 Objekte zum Thema Frauenwahlrecht bei der Deutschen Digitalen Bibliothek recherchiert werden – die meisten davon stammen von unserem Datenpartner Deutsches Historisches Museum.

Suche zum „Frauenwahlrecht“ in der Deutschen Digitalen Bibliothek

Schlagworte: